Objekt des Monats September 2015

Veröffentlichungsdatum04.09.2015Lesedauer1 Minute

Kundmachung Arbeitsscheue, 1945Kundmachung der Gemeinde Zwettl zur Erfassung von„Arbeitsscheuen“ und „Schleichhändlern“ vom 10. September 1945

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zogen sowohl die Rote Armee als auch die neu etablierte Verwaltung der jungen Republik zahlreiche Personen zu Arbeitseinsätzen heran. Es waren das zunächst vorwiegend ehemalige Mitglieder der NSDAP oder ihr nahestehender Verbände, die als Sühne oder zur Bestrafung körperliche Arbeiten verrichten sollten. Aber nicht nur politisch Belastete wurden zwangsverpflichtet. Ehemalige Wehrmachtsangehörige, Flüchtlinge, Arbeitslose und durch den Krieg Entwurzelte zog man zu Arbeiten heran. Es gab ja genug zu tun. Kriegsrelikte wie Schanzen und Schützengräben, die der Volkssturm in den letzten Kriegswochen errichtet hatte, mussten beseitigt werden. Liegengebliebene Militärfahrzeuge waren zu beseitigen, Straße auszubessern, die Pferdeställe und Quartiere der Besatzungsmacht mussten gesäubert werden, in der Kommandantur wurden Frauen für Reinigungs- und Küchendienste zwangsverpflichtet…
Naturgemäß versuchten viele Menschen, sich dieser oft aufreibenden und nicht ungefährlichen Arbeitsverpflichtung zu entziehen. Auch herrschte erheblicher Mangel an Nahrungsmitteln und Güter des täglichen Bedarfes. Hier sahen findige Geschäftemacher eine Chance, rasch und relativ mühelos zu Geld zu kommen. Vor allem abseits der Städte blühte der Tauschhandel.
In einem Rundschreiben vom 30. August 1945 wies die Bezirkshauptmannschaft Zwettl eindringlich auf diese Missstände hin und beauftragte die Bürgermeister, die Gendarmen, die Kammern und Behörden, tunlichst Abhilfe zu schaffen und ein waches Auge auf alle Personen zu richten, die sich dem Arbeitseinsatz entzogen und illegal mit Nahrungsmitteln oder auch Autobestandteilen handelten. Johann Winkler, Eisenbahnbediensteter und Mitglied der SPÖ, seit Juli 1945 Bürgermeister der Stadtgemeinde Zwettl, folgte diesem Auftrag der Verwaltungsbehörde und erließ am 10. September 1945 die oben abgebildete Kundmachung. Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Karton 123, Reg.Nr. 335/1945.