Thema des Monats August 2021

Veröffentlichungsdatum01.08.2021Lesedauer5 Minuten
Georg Ritter von Schönerer

Georg Ritter von Schönerer

Vor 100 Jahren

Georg Ritter von Schönerer stirbt in Schloß Rosenau


Am 14. August 1921 starb Georg Schönerer in Schloß Rosenau im Alter von 79 Jahren.

Georg Heinrich Schönerer wurde am 17. Juli 1842 im Südbahnhofgebäude in Wien als erstes Kind von insgesamt fünf Sprösslingen geboren. Sein Vater Matthias Schönerer (1807–1881) war ein erfolgreicher Eisenbahningenieur, seine Mutter Maria Anna Antonia, geb. Rehmann (1819–1884) die Tochter eines Fabrikanten. 1860, anlässlich der Eröffnung der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn verlieh Kaiser Franz Josef dem Matthias Schönerer den Orden der Eisernen Krone Dritter Klasse, der mit dem erblichen Adelsprädikat „Ritter von“ verbunden war.

Nach mehreren Schulen in Österreich und Sachsen besuchte Georg die Landwirtschaftliche Hochschule in Hohenheim in Württemberg und danach die Landwirtschaftliche Akademie in Ungarisch-Altenburg. 1869 übernahm er das Gut Schloß Rosenau, das sein Vater ein Jahr zuvor gekauft hatte. 

Georg Schönerer machte nicht nur aus seinem Rosenauer Gut einen Musterbetrieb, indem er die Land- und Forstwirtschaft modernisierte und daneben auch eine bedeutende Käse-, Ziegel- und Spirituserzeugung aufzog. Er bemühte sich darüber hinaus intensiv und tatkräftig, die Produktivität der kleinen bäuerlichen Betriebe in der Region zu heben. Ebenso wie andere zeitgenössische Ökonomen und Politiker hatte er erkannt, dass die fachliche Ausbildung des Bauernstandes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch völlig unzureichend war und dass vor allem hier angesetzt werden musste, wenn man Produktivität, Qualität und Lebensstandard heben wollte. Nicht zuletzt auf seine Initiative geht die Gründung der Ackerbauschule Edelhof im Jahr 1872 zurück.

Tatsächlich lebt Schönerer auch heute noch in Erinnerung und Erzählungen vieler Menschen unserer Gegend als freigiebiger Gutsherr weiter, der in Not Geratene finanziell unterstützte sowie soziale Einrichtungen, Schulen, Feuerwehren und Volksbüchereien förderte, besonders aber in seinem unmittelbaren Einflussbereich als Patriarch auf das Wohl seiner Bediensteten Bedacht nahm. Ein Bild, das der Realität weitgehend entsprechen dürfte. Speziell die Bewohner der Gemeinde Schloß Rosenau und die dortigen Schulkinder kamen in den Genuss von Schönerers Freigiebigkeit. Er legte zum Beispiel 1893 den finanziellen Grundstock für die Suppenanstalt der Rosenauer Volksschule, einer Einrichtung, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in vielen Orten entstand, um vor allem zur Winterszeit die Schulkinder täglich mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen. Und jedes Kind, das von der Volksschule Schloß Rosenau aus der Schulpflicht entlassen wurde, bekam als Geschenk ein veredeltes Bäumchen aus Schönerers Obstbaumschule, nach eigener Wahl. Bedienstete, die dem Gutsherrn die Geburt eines Kindes meldeten, durften mit einem Geldgeschenk rechnen; um nur einige von Schönerers Sozialleistungen zu nennen.

So erscheint Schönerer auch heute noch, vor allem bei älteren Leuten im Raum Schloß Rosenau, geradezu in einem verklärten Licht. Seine Bedeutung als deutschnationaler Politiker und radikaler, ja rabiater Antisemit wird weitgehend ignoriert.

1873 wurde er erstmals in das Abgeordnetenhaus des Reichsrates gewählt. Ab 1879 war er Führer der Alldeutschen, einer deutschnationalen Bewegung in Österreich. Zwischen 1878 und 1883 gehörte er auch dem niederösterreichischen Landtag an. Schönerer vertrat eine völkisch-germanische Ideologie, verbunden mit einem radikalen Antisemitismus. Er verkündete völkisch-antisemitische Parolen wie zum Beispiel: Durch Reinheit zur Einheit. Ohne Juda, ohne Rom wird gebaut Gemaniens Dom. Die Religion ist einerlei, in der Rasse liegt die Schweinerei.

Er trat für die Auflösung der Habsburgermonarchie und den Anschluss der deutschsprachigen Gebiete der Monarchie an Deutschland ein. Als glühender Befürworter der Los-von-Rom-Bewegung wandte er sich gegen die römisch-katholische Kirche. Als 1897 Ministerpräsident Kasimir von Badeni im Verordnungsweg das Tschechische als Amtssprache in Böhmen und Mähren dem Deutschen gleichstellen wollte, traten Schönerer und seine Anhänger vehement dagegen auf. Sie inszenierten Tumulte im Reichsrat, es kam in mehreren böhmischen Städten zu blutigen Zusammenstößen. Schönerer war damit für die Vergiftung des Klimas zwischen Tschechen und Deutschsprachigen in der Monarchie zumindest mitverantwortlich. Adolf Hitler nannte in seinem Buch „Mein Kampf“ Schönerer als eines seiner wichtigsten Anreger. Die 1903/04 in Aussig an der Elbe (Ústí nad Labem) gegründete Deutsche Arbeiterpartei, die 1918 in Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei umbenannt wurde, nahmen große Teile von Schönerers Schriften, Ideen und Vorstellungen in ihr Programm auf.

Georg Ritter von Schönerer war von 1873 bis 1874 Mitglied des Zwettler Gemeindeausschusses (Gemeinderats). Bereits 1870 war ihm das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Zwettl verliehen worden, auf das er 1894 nach einer Wahlniederlage seines Kandidaten bei der Gemeinderatswahl verzichtete. 1903 ließ Schönerer aus eigenen Mitteln in Zwettl das evangelische „Los-von-Rom-Kirchlein“ errichten, heute Auferstehungskirche. 1920 beschloss der Zwettler Gemeinderat, die Straße nach Weitra in Würdigung der großen Verdienste Schönerers in Schönerer-Straße umzubenennen. Im September 1945 machte man diesen Beschluss rückgängig.

Georg Ritter von Schönerer heiratete 1878 Philippine Edle von Gschmeidler. Der Ehe entstammten die Kindere Maria Anna, geb. 1879, Anna Maria, geb. 1880, Georg, geb. 1881 und Friederike, geb. 1884. Philippine Schönerer starb 1913. Georg Ritter von Schönerer starb am 14. August 1921 in Schloß Rosenau. Sein Leichnam wurde zunächst in einem Metallsarg am Ortsfriedhofe beigesetzt und dann am 26. März 1922 gemäß Schönerers ausdrücklichem Wunsch nach Deutschland überführt. Schönerer hatte nämlich testamentarisch verfügt, dass er und seine Gattin im Sachsenwald bei Hamburg in der Nähe von Bismarcks letzter Ruhestätte begraben werden sollten. An diesem 26. März 1922, einem Sonntag, bewegte sich daher ein langer Trauerzug von Rosenau nach Zwettl, wo er unter Glockengeläute beim „Los-von-Rom-Kirchlein“ ankam. Die Gemeindevertreter mit Bürgermeister Franz Beydi an der Spitze, zahlreiche Vereine, Feuerwehren, Turner, Vertreter von Studentenverbindungen und eine Musikkapelle begleiteten den Sarg zum Bahnhof, wo er auf einen Waggon verladen und nach Deutschland gebracht wurde. Dort setzte man Schönerers Leichnam am 1. April 1922 in Aumühle im Sachsenwald bei Friedrichsruh, nahe Bismarcks Grab bei.

Verabschiedung von Schönerers Sarg auf dem Zwettler BahnhofVerabschiedung von Schönerers Sarg auf dem Zwettler Bahnhof

Literatur (Auswahl): 

Andrew G. Whiteside, Georg Ritter von Schönerer. Alldeutschland und sein Prophet. (Styria, Graz, Wien, Köln 1981).

Franz Trischler, Georg Schönerer (1842–1921). Eine österreichische Tragödie (KFM-Verlag, Stronsdorf 1992).

Friedel Moll / Michael Wladika, Georg Ritter von Schönerer (1842-1921), Ein alldeutscher Politiker aus dem Waldviertel. In: Harald Hitz / Franz Pötscher / Erich Rabl / Thomas Winkelbauer, Waldviertler Biographien, Band 3 (Horn 2010) S. 121-150. [http://www.daswaldviertel.at]