Thema des Monats Juni 2023

Veröffentlichungsdatum01.06.2023Lesedauer2 Minuten

Der Kaufmann Ferdinand Ignatius Zimmerl und seine Frau Anna Johanna besaßen im Jahr 1723 zwei Häuser am Hauptplatz in Zwettl. Zimmerl war 39 Jahre alt, ein angesehener Bürger und Mitglied des Stadtrates. In diesem Jahr fasste das Ehepaar den Entschluss, eines ihrer Häuser zu verkaufen, und zwar jenes, das heute die Hausnummer Hauptplatz 5 trägt. Als Käufer hatte sich der junge Tischler Johann Gottfried Perl gefunden. Er stammte aus Jagenbach, war damals noch unverheiratet, heiratete aber im darauffolgenden Jahr Anna Justina, die Tochter des Zwettler Stadtsyndikus Andre Johann Paumann. Als Kaufsumme hatte man den stattlichen Betrag von 650 rheinischen Gulden vereinbart, von dem Perl 400 Gulden bar anzahlte, die restlichen 250 Gulden wollte er im nächsten Jahr nachbringen. Zu dem Kaufbetrag kamen noch 4 Gulden Leithkauf (eine Art „Drangelnd“) und 54 Kreuzer Schreibgeld für den Kaufbrief.

Leider dürften der Verkauf und die Hausübergabe aber nicht exakt verhandelt worden sein, denn Zimmerl wollte auch weiterhin einen Teil des Anwesens, vor allem aber den hinter dem Haus befindlichen Garten, den Rossstall und ein Zimmer im ersten Stock benützen, und damit war Perl nicht einverstanden. So entstand daraus ein Konflikt.

Am 22. Juni 1723 verklagte Zimmerl den Johann Gottfried Perl vor dem Stadtgericht. Sie waren sich wegen der Benützung des Gartens in die Haare geraten, und es war auch zu Handgreiflichkeiten gekommen. Anlass für den Streit war, dass Perl das Schloss an der Tür zum Hausgarten gewaltsam entfernt und ausgetauscht hatte. Zimmerl konnte nun die Früchte des Gartens, die er gesät hatte, nicht mehr ernten.

Das Stadtgericht stellte eine gewissenhafte Untersuchung an und verhörte beide Parteien eingehend. Dann fällte es ein geradezu salomonisches Urteil. Zimmerl sollte in diesem Jahr die Früchte im Garten ernten, weil er sie ja dort angebaut hatte, und Perl aber in Zukunft dort das ernten, was er pflanzen werde. Das Obst der Bäume sollten sie gemeinsam genießen und dazu jeder von beiden einen Schlüssel zum Garten besitzen. Bezüglich des Pferdestalles, den Zimmerl einstweilen noch mitbenützte, entschied das Gericht, dass er diesen bis Michaeli (29. September) räumen müsse und ebenso das Zimmer im ersten Stock des Hauses. Weiters entschied das Gericht, dass sich die streitenden Parteien in Zukunft vertragen und wieder gute Freunde sein sollten. 

Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Ratsprotokoll 13, Sign. 02-013, fol. 273v, 22. Juni 1723


Ratsprotokoll 13, Sign. 02-013, fol. 273v
Transkription

Clag

Auf beschehene clag hr. Zimmerl contra seinen abkhauffer Gottfriedt Berl, umb willen ainer dem andern gwaldt gethan und das schloß von gärttl weeg geschlagen unnd andere hitzigkheiten unterloffen, gibt nach genugsamber clag und anthwortt ein ehrßamber rath zum abschiedt, beede thaill sollen wider guette freündt sein, das gärtl waß vorhin gesezt und gepflanzt ist, der Zimmerl allein, waß aber ersst anjezo gepflanzt wirdt, wie auch das obst, beede miteinander genüessen, im yberigen soll der hr. Zimmerl dem rossstahl biß michaely genüessen, ihme aber einen roßbahrn in einem andern stahl machen, das obere zimer raumben und ein orth in kassten längst biß jacobi eingeben, unnd jeder einnen schlissel zum gärttl haben soll.

Stadtarchiv Zwettl, Ratsprotokoll 13, Sign. 02-013, fol. 273v.