Thema des Monats November 2022

Veröffentlichungsdatum01.11.2022Lesedauer3 Minuten

Im Zwettler Ratsprotokoll vom 22. November 1622 findet sich eine Stelle, der zu entnehmen ist, dass damals in Zwettl eine Ehe zwischen zwei Menschen geschlossen wurde, die verschiedenen religiösen Bekenntnissen angehörten. Für diese Zeit, mitten in der Gegenreformation, ein durchaus bemerkenswerter Fall.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte sich die Reformation auch im Waldviertel rasch ausgebreitet, und wenige Jahrzehnte später war der überwiegende Teil der Waldviertler Bevölkerung evangelisch. Um 1580 nahm allerdings der Druck auf die Bevölkerung, den römisch-katholischen Glauben anzunehmen, erheblich zu, und ab dieser Zeit dürften Richter und Rat der Stadt Zwettl bereits katholisch gewesen sein. Dafür sorgten schon die landesfürstlichen Wahlkommissäre, als welche damals meist der örtliche Propst oder der Abt des Stiftes Zwettl fungierten. Und ein protestantischer Stadtrichter wäre von der Regierung in seinem Amt sicherlich nicht bestätigt worden. Das führte in der Folge dazu, dass sich die Stadtbevölkerung großteils nach und nach anpasste und die katholische Lehre annahm.

Zuwanderer, die ein Haus in der Stadt Zwettl erwerben wollten, mussten sich zur römisch-katholischen Religion bekennen. Wenn sie das nicht taten, setze man eine Frist, bis zu der sie sich entsprechend erklären mussten. Fiel dieses Bekenntnis nicht nach den Vorstellungen der Stadtverwaltung aus, so setzte man sie unter Druck und legte ihnen nahe, die Stadt zu verlassen.

Diese Bemühungen lassen sich bis weit in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein nachweisen. Und manchmal griff man zu recht drastischen Mitteln, um die mittlerweile religiöse Minderheit zur Räson zu bringen und die kirchliche Einheit herzustellen.

Von Brautleuten verlangte man ein Gelöbnis, dass sie sich in der Religion gemäß verhalten werden. Manchmal allerdings, wie beim eingangs angedeuteten Fall, verhielt sich die Zwettler Stadtregierung bei gemischtkonfessionellen Ehen aber durchaus tolerant. Am 22. November 1622 schlossen vor dem Rat der Stadt Zwettl der ehrbare Wolfgang Heygel aus Hollabrunn und die tugendsame Jungfrau Elisabeth Nidermayrin einen Heiratskontrakt. Der Bräutigam wurde dabei durch den Wiener Bürger Blasius Haußmann vertreten, für die Braut waren die angesehenen Zwettler Bürger Georg Siebenhändl, Zacharias Castner und Jacob Nidermayr anwesend. Der Ehevertrag enthielt neben den auch sonst üblichen wirtschaftlichen Vereinbarungen eine besondere Passage. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass der Bräutigam, der nicht der katholischen Religion angehörte, dem Rat der Stadt Zwettl mit mundt und handt gelobt hatte, daß er sein prauth von Ihrer religion nit zwingen, sondern fürderlich darbey lassen wölle.

Wolfgang Heygel und Blasius Haußmann entstammten angesehenen Hollabrunner Familien, die auch noch später in den örtlichen Dokumenten aufscheinen. Der Markt Hollabrunn unterstand seit dem 16. Jahrhundert den Grafen von Gilleis, die in Schloss Sonnberg residierten und zu den prominentesten Vertretern des protestantischen Adels in Niederösterreich zählten.

Als andererseits im August der aus Zürich stammende Messerschmiedgeselle Felix Dällickher die Witwe seines ehemaligen Lehrherrn in Zwettl heiraten wollte und zur Erlangung sowohl des Bürger- als auch Meisterrechts seinen Geburts- und Lehrbrief vorlegte, wollte der Rat der Stadt Eheschließung und Aufnahme in den Bürgerstand nur dann genehmigen, wenn er sich der catholischenn religion wöll halten, und unwaigerlichen pei derselben verpleibenn. In diesem Fall war man allerdings auch bereit, khein messerschmidt neben seiner niderzulassen.

Personen gegenüber, die bereits in der Stadt wohnten, die als evangelisch galten oder deren religiöse Einstellung zweifelhaft war, verhielt sich die Stadtregierung keineswegs tolerant. Sie setzte man unter Druck, um sie katholisch zu machen.

Quellen: Stadtarchiv Zwettl, RP 09, Sign. 02-09, fol. 10r, 22. November 1622 sowie: Friedel Moll, Evangelisch in Zwettl, In: Das Waldviertel 2/2017, S 161-187.

Sign. 02-09, fol.10r


Transkription

Heurats verwilligung

Heut dato ist zwischen dem erbarn jungen gesellen herrn Wolfgang Heygel von Hollerprun und der tugendsamen jungfrauen Elisabeth Nidermayrin vor e[inem]. e[hrsamen]. rath und in beysein herrn Blasy Hausmans hamermaister in Steur und bürgers zu Wien, auf herrn preitigamb seiden, von herrn Geörg Siebenhändl und Zachariaßen Castner und Jacoben Nidermayrs, bürger alhie, auf der prauth thaill, ein eheliche heyrath beschlossen worden, vermachs aneinander der halben thaill all ihrer güetter, der preitigamb so nicht der catholischen religion gelobt e[inem]. e[hrsamen]. rath alhie an mit mundt und handt, daß er sein prauth von ihrer religion nit zwingen, sondern fürderlich darbey lassen wölle. actum Zwettl den 22. novembris ao. 622.

Stadtarchiv Zwettl, Ratsprotokoll 09, Sign. 02-09, fol. 10r.