Ein Fotoalbum für den Kaplan

Veröffentlichungsdatum18.11.2016Lesedauer2 Minuten

Im Oktober 2016 erhielt das Zwettler Stadtarchiv aus Privatbesitz ein interessantes Stück, das eine Facette des Lebens in unserer Stadt in den turbulenten 1930er-Jahren beleuchtet. Es handelt sich dabei um ein Fotoalbum*, das Zwettler Jugendliche, die in den Ostmärkischen Sturmscharen organisiert waren, ihrem Kaplan Karl Hammer geschenkt hatten. Dieses Album war zuletzt in Schwarzenau in Privatbesitz und wurde freundlicherweise dem Stadtarchiv Zwettl übergeben. Vor allem die kalligrafische Gestaltung dieses Büchleins besticht. Die Bilder und Texte zeugen von der Zuneigung und Verehrung, welche die jungen Leute ihrem Geistlichen entgegenbrachten.
Karl Hammer wurde am 6. Oktober 1906 in Weikertschlag (Bez. Waidhofen/Thaya) als Sohn des Lehrers Vinzenz Hammer und seiner Gattin Maria geboren. In den frühen 1930er-Jahren kam er als Kaplan nach Zwettl. Nach dem Tod von Pfarrer Franz Kugelweih am 29. Dezember 1932 wurde Hammer zum Pfarrprovisor in Zwettl bestellt, eine Funktion, die er bis zur Amtsübernahme durch Pfarrer Johann Flicker am 1. Juni 1933 ausübe, danach wirkte er wieder als Kaplan in Zwettl. Karl Hammer engagierte sich besonders im katholischen Burschenverein, der „Ostmarkjugend“, in der christlichsozialen Sturmscharbewegung und im Verband „Jung Vaterland“. Es gelang ihm offensichtlich, die männliche Jugend für die vaterländischen Ideale seiner Zeit und für eine katholisch-christliche Gesellschaftsordnung zu begeistern. Kaplan Hammer scheint überdies ein eifriger Fotograf und Motorradfahrer gewesen zu sein, außerdem war er technisch begabt. 1933 installierte er in der Pfarrkirche zwei Scheinwerfer zur indirekten Beleuchtung des Hochalters, und als am 1. Mai 1934 Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß im Radio eine Rede hielt, montierte Hammer auf dem Hauptplatz Lautsprecher, damit diese Ansprache auch allgemein gehört werden konnte. Hammer musste – sehr zum Leidwesen seiner jugendlichen Anhänger – am 1. September 1934 Zwettl verlassen. Er wurde nach Purgstall an der Erlauf versetzt. Zuletzt war er Pfarrer in Hollenburg und starb am 31. Jänner 1989.
Das schön gestaltete Fotoalbum, das die Zwettler Sturmscharen Karl Hammer 1934 zum Abschied überreicht hatten, enthält aber auch Hinweise auf diese politisch äußerst unruhige Zeit, auf die Aufmärsche der paramilitärischen Verbände sowie auf die Schmieraktionen und Gewalttaten illegaler Nationalsozialisten.

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