Sammlung Müllner – ein Pfarrer hadert mit dem TÜPl

Veröffentlichungsdatum16.01.2024Lesedauer1 Minute
Übergabe der Sammlung Müllner an das Stadtarchiv Zwettl

Stadtarchivarin Elisabeth Moll, Gabriele Geisberger und Bernhard Lehr, vom Verein Freunde der alten Heimat, bei der Übergabe der Sammlung Müllner an das Stadtarchiv Zwettl.

Schon wenige Monate nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Österreich benötigte die Wehrmacht einen Truppenübungsplatz. Das relativ dünn besiedelte Döllersheimer Ländchen wurde für dessen Standort ausgewählt. Die rund 7.000 Menschen, die hier im mittleren Waldviertel in 42 Ortschaften wohnten, mussten ihre Häuser und Höfe verlassen. Sie wurden zwischen 1938 und 1942 in vier Etappen zwangsweise abgesiedelt.


Johannes Müllner, der ab 1968 als Pfarrer in Kattau und Roggendorf bei Eggenburg tätig war, pflegte durch seine Arbeit persönliche Bekanntschaften mit vielen Aussiedlern. Von ihnen erfuhr er Genaueres über die Schicksale der Betroffenen, die Organisation der Entsiedelung ebenso wie über die Geschichte der aufgelassenen Dörfer und Pfarren. Er sah es als seine Pflicht an, Erinnerungen von Zeitzeugen zusammenzutragen und die Sakrallandschaft des entsiedelten Gebietes genauer zu erforschen. Pfarrer Johannes Müllner wollte, dass nach seinem Tod (Anm.: im Mai 2013) seine gesammelten Dokumente und Mitschriften, unzählige Bilder, Audio- und Videokassetten an Bernhard Lehr übergeben werden, den Obmann des Vereins „Freunde der alten Heimat“, dessen Vater selbst aus der entsiedelten Ortschaft Oberndorf stammte. 


Als Vereinsobmann sieht Herr Lehr seine Aufgabe darin, gegen das Vergessen zu arbeiten und organisiert unter anderem alljährlich Gedenkveranstaltungen in Döllersheim. Es ist ihm aber auch ein Anliegen, dass der Nachlass von Pfarrer Müllner Forschern zugänglich gemacht wird. Daher entschloss er sich, alle Unterlagen aus dem Nachlass an das Stadtarchiv Zwettl zu überlassen. Im Jänner 2024 übergab er die letzten historischen Bücher, die von Stadtarchivarin Elisabeth Moll und ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiterin, Gabriele Geisberger, mit Freude übernommen wurden. Frau Geisberger ist prädestiniert dafür, die Sammlung Müllner als Neuzugang in den Archivbestand aufzunehmen und digital zu erschließen. Schließlich verfügt sie als Vorstandsmitglied im Verein „Freunde der alten Heimat“ über das dafür notwendige Hintergrundwissen. So stehen demnächst äußerst wertvolle, zeitgeschichtliche Informationen allen Forschern und Interessierten zur Verfügung.